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Vulkane und der höchste Berg der Türkei.

Aus Tatvan starteten wir mit unserem sehr zuverlässigen Ford Fiesta Richtung Norden. Dort befindet sich der Nemrut Dagi, ein inaktiver Vulkan mit 5 wunderschönen Krater-Seen – der nicht zu verwechseln ist mit dem höheren, symbolträchtigen inaktiven Vulkan Nemrut Dagi südlich von Malatya. Die unzähligen Baustellen entlang der Straßen begleiteten uns bis zum Kraterrand und ermöglichten uns eine sehr flinke Fahrt dorthin; wo vorher nur Pisten waren. Der Vulkankrater gilt schon seit längerem als beliebtes Ausflugsziel der Türken, weshalb in den vergangenen Jahren ein starker Ausbau der touristischen Infrastruktur zu beobachten ist. Es sind bereits ein Skilift und mehrere kleine Hotels entstanden. Wir nutzen die Abendsonne und waren sehr beeindruckt von der landschaftlichen Szenerie, die sich vor uns erstreckte – schroffe Felswände, tiefe Erosionsrinnen, weite Wiesen und schimmernde Gesteinsblöcke. Inmitten des Kraters befand sich an einem kleinen See ein Camping-Platz, am dem wir kurz verweilten. Dort erspähten wir ein paar Wasserschlangen, Schildkröten und zahlreiche Insekten, die nach wie vor einen kleinen Schauer in uns auslösten, da die Begegnung mit der Wanzelspinne noch nicht vergessen war. Darüber hinaus waren wir von einer vielfältigen Flora umgeben, die mit filigranen Blütenpflanzen gekennzeichnet war.

Auf den Kopfsteinpflaster- und Sandstraßen erkundeten wir die diversen Seen und entspannten in der untergehenden Sonne. Welche Ruhe…

Wir übernachteten erneut in dem gleichen Hotel in Tatvan und starteten am Folgetag relativ früh Richtung Dogubayazit, südlich vom Ararat. Auf dem Weg dorthin fuhren wir an einer Küstenstraße den Van-See entlang und hielten permanent Ausschau nach tollen Bademöglichkeiten. Zuerst badeten wir „normal“ am Van-See mit den türkischen Urlaubern…

Doch dann war es auch soweit: Karibik-Flair in der sonst recht kargen Landschaft mit großen Weide- und landwirtschaftlichen Flächen. In einer Bucht entdeckten wir einen weißen Sandstrand mit kristallklarem Wasser. Es wäre ein toller Camping-Spot gewesen, wenn nicht nach 5min zwei Männer darauf hingewiesen hätten, dass es ein Privatgrundstück ist. Gegen einen geringen Obolus hätten wir bleiben können, aber wir mussten ja noch ein ganzes Stück Strecke gutmachen und wollten uns nur kurz erfrischen. Wir verweilten noch ein bisschen am Strand und packten kurz darauf unsere Sachen und machten uns auf Richtung Norden, weg vom Van-See.

Nun begann eine sehr surreale Landschaft. Vieh- und Landwirtschaft inmitten von riesigen Flächen von vulkanischem Auswurfmaterial begleiteten uns für viele Kilometer entlang der Strecke. Nach einer Stunde überquerten wir den letzten Bergpass und dann war es soweit! Vor uns erstreckte sich die weite Ebene des Ararat mit seinen unzähligen Dörfern, deren Aussehen das harte Leben der Bauern nur erahnen lässt. Anders als in den bisherigen Regionen bestanden die Häuser ausschließlich aus Lehmwänden und hatten strohbedeckte Dächer. Die letzten Feldarbeiten wurden getätigt, die Ziegenherden eingetrieben und in den Hütten wurde angefangen zu kochen. Im letzten Abendlicht erblickten wir am Horizont den majestätisch anmutenden 5.137m hohen Ararat mit seinem kleinen 3.800m hohen Bruder. Das Ausmaß der Höhe wurde uns mit jedem gefahrenen Kilometer bewußt, da wir dem Giganten nicht näher kamen. Das Vulkanmassiv war bis vor wenigen Jahren noch für den Tourismus aus Sicherheitsgründen gesperrt, aber nun ist er freigegeben und jährlich probieren sich immer mehr Bergsteiger an ihrem Gipfelglück. Der Aufstieg ist sehr hart, da mehrere Tausendmeter in praller Sonne über Geröllschutt bezwungen werden müssen und wer schon mal einen Vulkan bestiegen hat, kann sich vorstellen, was das bedeutet. Außerdem ist der obere Bereich des Gipfels vergletschert, weshalb weitere technische Anforderungen hinzukommen. Da für die Besteigung des Gipfels eine extra Genehmigung (Sport-Visa) erforderlich und diese mit einigen Kosten verbunden ist (350€), beschränkte sich unser Ausflug am nächsten Tag ausschließlich auf die Erkundung einiger Bergdörfer. Das war ebenfalls sehr schön, da wir in sehr verlassene und landschaftlich beeindruckende Gebiete vorstoßen konnten.

In Dogubayazit angekommen suchten wir uns ein Hotel und liefen noch ein wenig durch die Stadt, wo wir Mehmet kennenlernten, der einen Handy-Laden besaß und sein in Istanbul erlerntes Englisch auffrischen wollte. Wir erfuhren nach kurzer Zeit, dass er am nächsten Tag auf eine Hochzeit gehen würde und lud uns dazu ein. Dazu mehr in einem extra Blog-Eintrag…

Wie es immer so ist, standen dann auch gleich viele andere Leute im Laden und die Kurden-Thematik kam auf, da gerade die Tageszeitung mit den aktuellen Geschehnissen im Irak verteilt wurde. Da wir sehr aufgeschlossene Gesprächspartner gefunden hatten, die sehr daran interessiert waren, uns einiges über die Kultur und Probleme der Kurden zu erzählen, verging der Morgen mit einigen Tees in einer regen Lehrstunde. Wir erfuhren warum Öcelan, der ehemalige PKK Führer, bei den Kurden an Anerkennung verloren hatte, setzen uns mit der momentan bedeutenden „Freiheit-für-Kurden-Partei“ auseinander und konnten weitere Fragen stellen, bemerkten aber bald, dass wir uns wesentlich intensiver mit den Hintergründen zur Kurden-Problematik auseinander setzen müssen. Denn die unbeschreibliche Gastfreundschaft und Anliegen/Ziele der kurdischen Bevölkerung stehen im Widerspruch zu den Darstellungen bzw. Berichterstattungen unserer Medienwelt, aber das wissen wir ja…

Nachdem die wärmsten Stunden vorbei waren (40°C), besuchten wir den Ishak-Pasa-Palast, der auf einem kleinen Plateau oberhalb der Stadt thront und zu den Hauptattraktionen der Osttürkei zählt. Die aus Sandstein gebaute Festung mit seinen filigran geformten Verzierungen und unzähligen Kuppeln vermittelt einen Eindruck der architektonischen Wunderleistungen der Osmanen, Perser, Armenien und versetzt uns in Tausend und eine Nacht. Diese Szenerie wurde zusätzlich durch einen aufkommenden Sandsturm intensiviert. Am Horizont zogen dicke dunkle Wolken auf und wir suchten uns auf den Feldern oberhalb des Palastes einen schönen Aussichtspunkt, um die Entwicklung in der Umgebung mitzuverfolgen. Der Sandsturm fegte durch Dogubayazit und die umliegenden Dörfer im Tal. Auf den Feldern bildeten sich unzählige Windrosen und ein Gewitter kam hinzu. Es war ein schön anzuschauendes Naturschauspiel.

Am Abend und zurück im Hotel bereiteten wir uns auf die Hochzeit vor…

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Es gibt 2 Kommentare

  1. Regina

    Beeindruckende Landschaft! Die Gastfreundschaft wird Euer Begleiter bleiben und somit seid Ihr immer dicht an den Mesnchen, Problemen und der einheimischen Kultur, das weitet den Horizont und das Herz …Weiterhin gute Reise!

  2. Hanna

    Fantastische Momentaufnahmen! Und zu einem Gesamtbild verhelfen dann die tollen Reiseberichte – eigentlich bin ich nicht so der Reiseblog-Fan, aber nun trotzdem eine sehr lange Weile über eurem hängen geblieben 🙂 Freue mich auf die nächsten Einträge!
    Enjoy!
    Hanna


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