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Hauptstadt der zentralen Südprovinz Fars

Nach der 15-stündigen Busfahrt von Teheran nach Shiraz bezogen wir unser Hotel in der Innenstadt und wollten die folgenden Tage dafür nutzen, um durchzuatmen und etwas Zeit für uns zu finden. Für jede neue Stadt bereiteten wir uns auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten vor, denn niemals würden wir alles besuchen können, also mussten wir selektieren. Selbst bei der relativ geringen Auswahl kamen wir stark in Zeitnot, da wir sehr oft durch die neugierigen Iraner aufgehalten wurden. Grundsätzlich sind die Iraner sehr aufgeschlossen und suchen den Kontakt zu den Touristen, da sie entweder ihr Englisch üben oder uns über ihre Kultur berichten wollten. Die herzlichen und freundlichen Begegnungen genossen wir sehr und endeten oftmals mit einer Einladung zu einem Tee oder Abendessen bei der Familie. Dadurch bekamen wir natürlich sehr schnell einen intensiven Einblick in das Leben der Iraner samt deren politischen und gesellschaftlichen Umstände und Schwierigkeiten.

Nach einem kurzen Nickerchen machten wir uns auf, die City zu erkunden und etwas zu Essen zu besorgen. Scheinbar getrieben vom Hunger steuerten wir zielgerichtet die Animal Street an, die ihren Namen natürlich wegen ihrer „lebenden Produkte“ trug. Unser Hunger stellte sich für kurze Zeit ein, denn hier konnte man diverse kleinere Tiere kaufen, wie farbige (leider besprühte) Küken, kleine Enten, Tauben sowie Singvögel und Hunde. Wie es so kam, wurden wir auch hier von einem Iraner gefragt, woher wir denn kommen. Er sprach sehr gut Englisch, hieß Ramin und wir kamen ins Gespräch. Er war mit seinem Sohn dort, der sich nicht entscheiden konnte, was für ein neues Haustier er haben möchte. Wir sollten diese Entscheidung nun übernehmen und zwischen Küken oder Ente wählen. Am Ende wurden beide Tiere gekauft, die in einer einfachen Plastiktüte nach Hause transportiert werden sollten. Für 1 ½ Dollar wechselten sie den Inhaber. Süß waren sie schon, aber über ihre Haltungsbedingungen wollten wir nicht weiter nachdenken. Wir erfuhren noch, dass er ein Privat-Lehrer in Englisch ist und in Folge dessen wurden wir zu ihm nach Hause eingeladen. Wir sollten an einem seiner Englisch-Kurse teilnehmen – nicht um die Sprache zu verbessern, sondern um unser „sehr gutes Englisch“ in die Klasse zu tragen. Naja… Das wollten wir uns trotzdem nicht entgehen lassen und sagten für den nächsten Tag zu. Gezeichnet von der anstrengenden Busfahrt zogen wir uns bald ins Hotel zurück und schliefen bald ein…

Am kommenden Tag starteten wir wie gewohnt gegen Mittag Richtung Innenstadt und besuchten das sehr schicke und ruhig gelegene Museum of Islam Art. Eigentlich war es geschlossen, aber wir standen schon mitten im traumhaft angelegten Innenhof, so dass wir eine kurze Privatführung in den kleinen Räumlichkeiten erhielten. Wir verweilten noch für einen Moment in dem Museum, bevor wir das nahe gelegene Shah-Cheragh-Heiligtum besuchten. Dabei handelt es sich um die drittheiligste Begräbnisstätte/Schrein, in dem ein Bruder des Imam Rezas begraben liegt und als König des Lichts verehrt wird. Das Mausoleum zählt zu den bekanntesten Pilgerstätten der Schiiten im Iran und stammt aus dem 12. Jahrhundert. Das Heiligtum zeichnet sich durch prächtige blaue Fliesenornamente, aufwändige Spiegelmosaike im Innenraum des Schreins und einen weiten Innenhof aus. Es ist ein beeindruckender Anblick, der sich uns ergibt. Das ganze wurde nochmal etwas dramatisiert als am Abend der Muezzin zum Gebet aufrief und sich ein besonderes Ereignis auftat: im Innenhof versammelten sich tausende Gläubige für eine große Zeremonie. Natürlich verstanden wir nichts von der Rede, aber es war ein sehr intensives Erlebnis, dem gemeinsamen Beten in solch großer Runde beizuwohnen. Leider waren Kameras im Inneren der Moschee verboten, aber Smartphones waren erlaubt. Den Unterschied in der heutigen Zeit muss mir noch jemand erklären, denn jeder filmte und fotografierte wild herum. Nachdem Anja in einer großen Traube aus interessierten Frauen unterging, verließ ich sie für eine Weile, um den heiligen Schrein im Inneren der Moschee zu bewundern und die Energie der Gläubigen zu spüren. Um mich herum ertönten Gebetsverse in unterschiedlichen Lautstärken. Ich schaute mir dabei die Spiegelmosaike an und ließ alles auf mich wirken. Ein sehr beeindruckender Moment!

Den nächsten Tag nutzten wir noch, um den Eram-Garten zu erkunden. Dieser botanische Garten ist durchzogen von Wasserläufen und mit Zypressen, Pinien, Palmen und Orangenbäumen bewachsen. Hinzu kommen den Jahreszeiten entsprechend blühendende Pflanzen. Leider hatten wir in dieser Oase inmitten der Stadt nicht allzu viel Zeit, da der Termin mit unserem Englisch-Lehrer anstand. Schnell fuhren wir mit einem Taxi zu Ramin, der uns schon sehnlichst erwartete. Anfänglich dachten wir, dass etwa 20 Schüler auf uns warten würden und waren schon etwas nervös. Doch schlussendlich saß unser Lehrer in einer kleinen Runde mit 2 Schülern, die uns fortan Fragen zu unseren Familien, Freunden und Leben in Deutschland stellten. Die Stunde ging schnell rum und es war für alle eine große Freude… Danach wurde es für uns sehr interessant, da Ramin uns ein sehr kompaktes Paket über die historische Entwicklung seines Landes präsentierte. Sehr aufschlussreich und extrem kritisch erzählte er von seinen Erfahrungen. Wir konnten alles fragen, erhielten immer eine Antwort und waren darüber sehr dankbar. Am Abend servierte uns seine Mutter ein fabelhaftes iranisches Essen, dass mit selbstgebranntem Wodka abgerundet wurde. In einem Land, wo es illegal ist, Alkohol zu trinken, genehmige ich mir als Antialkoholiker einen deftigen Schluck! Musste sein… Leider stand unser Reiseplan bereits, so dass wir unsere Fahrt nach Isfahan noch an diesem Abend antreten mussten und wir uns schon bald von der Familie verabschieden mussten. Es war ein sehr schöner Abend und eine intensive Zeit in Shiraz, die für uns zu den schönsten Städten Irans zählt.

Leicht angetrunken und mit großer Zufriedenheit stiegen wir in den Bus…

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